Die Tage sind verflucht kurz, die Stimmung ist allerorten eher mies. Kulturkürzungen wohin man schaut. Und die Weltlage ist ohnehin ziemlich **********. Aufbruch? Solidarität? Zukunft? Fehlanzeige. Nichtsdestotrotz blicken wir aus persönlicher Sicht auf ein ereignisreiches und letztlich positives Jahr zurück und bleiben wie immer und trotz allem zuversichtlich.
Frühling und Sommer: Es hat aufgehört zu regnen, die Welt ist wieder da
Ganz im Sinne unseres Konzepts des Slow Publishings haben wir es in der ersten Jahreshälfte ruhig angehen lassen und unsere Kopf & Kragen-Welttournee zu Ende gebracht. Denn in einer Welt (und damit meinen wir auch die Buchbranche), die stets nach dem Neuen und dem Immermehr verlangt, bedarf es unserer Meinung nach dringend Pausen und einer sinnvollen Anzahl an Neuerscheinungen. Das ist nicht nur wertschätzender, sondern auch vernünftiger und für uns alle gesünder. Wir sind davon überzeugt, dass Bücher eine längere Lebenszeit verdient haben und wir wollen weder uns noch unsere Bücher und Autor:innen in der niemals stillstehenden Maschine namens Buchmarkt verheizen, im ewigen Zyklus von Produktion und Promotion. Frühjahr. Herbst. Frühjahr. Herbst. Bis ans Ende aller Tage.
Was wir also zehn Monate lang gemacht haben? Beobachtet. Recherchiert. Gelesen. Gedacht. Geschrieben. Und uns mit unseren Mitmenschen darüber ausgetauscht, was uns in dieser aus den Fugen geratenen Welt noch zusammenhalten kann. Davor, zwischendurch und danach sind wir durch den Himalaya und die Gelben Berge von Huang Shan gewandert, haben aktive Vulkane bestiegen, den Totenkult der Toraja in Indonesien kennengelernt und uns in den Weiten des australischen Outbacks verloren. Wir sind auf dem Weg von Fidschi nach Hawaii durch die Zeit gereist (indem wir die Datumsgrenez von Westen nach Osten überquert haben), sind mit Seenomaden über den Pazifik gefahren und mit Haien, Mantarochen und Seeschlangen getaucht. Wir wurden auf dem Panamakanal von einem Affen gebissen und haben in den Tiefen des Amazonas zu uns gefunden. Und egal ob in Tiflis, Baku, Kathmandu, Beijing, Manila, Jakarta, Sydney oder in den Favelas von Rio de Janeiro: Immerzu haben wir in unser Gegenüber vertraut, die anderen, die uns zunächst fremd waren, als Versprechen verstanden und trotz unserer vermeintlichen Verschiedenheit stets das Gemeinsame entdeckt. Kurzum: Der Abstand zu Berlin, zu Deutschland und zu Europa hat uns sehr gut getan; der Abstand zum Buchmarkt ebenfalls.
Herbst: Die Nacht war lang und ich bin immer noch wach
Im Herbst haben sich die Ereignisse dann gewissermaßen überschlagen (denn natürlich waren wir auf der Welttournee nicht ganz untätig). Zunächst haben wir unseren Salon 3: Literatur & Kunst, Kritik & Visionen in der Berliner Volksbühne gefeiert und vor ausverkauftem Haus unsere beiden Neuerscheinungen U0 Untergrundminiaturen und Wrackmente präsentiert. Neben zahlreichen Autor:innen wie Lukas Meisner, Ann Esswein, Poljak Wlassowetz, Sebastian van Vugt, Victoria Hohmann, Louis Kleinwächter und Marius Hulpe waren auch die Schauspielerin Carolin Galvis und die Musiker:innen S.X.Y.Z., Tripolys und Yung Coco dabei. Herzlichen Dank auch noch mal an das wunderbare Publikum und das gesamte Team der Volksbühne / des Grünen Salons. Love´n´Love!
Im Rahmen unseres dritten Salons haben wir auch unser Kunstsortiment erweitert: Die in der multimedialen Anthologie U0 Untergrundminiaturen abgedruckten Décollagen des Malers und Musikers Cris Koch sind nun im Original bei uns erhältlich. Alle Werke wurden zwischen 2022 und 2024 auf den Straßen Berlins geschnitten und anschließend im Atelier auf Leinwand montiert und arrangiert.
Und kurz darauf war es dann auch schon so weit: unser erstes Mal auf der Frankfurter Buchmesse. Nachdem unsere pink leuchtende Kopf & Kragen-Box in der ersten Nacht noch von einer unbekannten Person sabotiert wurde (unsere trippy Hologrammfolie wurde von den Wänden gerissen und gezockt), verlief in den darauffolgenden Tagen alles ganz wunderbar. Wir haben uns sehr über das positive Feedback und die vielen Begegnungen gefreut (auch wenn wir letztlich weniger Bücher verkauft haben als wir es erwartet hatten). Und was wäre die Messe ohne die anwesenden Autor:innen und Künstlerinnen gewesen, die uns mit Gesprächen, Lesungen und Performances bereichert haben, darunter Ruben August Fischer von den außerirdischen Invasoren der AIPD, der Soziologe, Philosoph und Wrackmente-Autor Lukas Meisner sowie die U0-Autor:innen Julia Tautz, Marius Hulpe, Veroniqe Homann, Felix Geiser und Poljak Wlassowetz?
Ob wir angesichts der für uns doch sehr hohen Kosten alljährlich auf der Frankfurter Buchmesse vertreten sein werden, ist allerdings äußerst unwahrscheinlich. Schön, aufregend und lehrreich war es allemal.
Zu guter Letzt waren wir im Herbst noch gemeinsam mit dem französisch-kongolesischen Schriftsteller und Kopf & Kragen-Freund Wilfried N’Sondé sowie seinem Roman Frau des Himmels und der Stürme auf dem Science- und Media-Festival Silbersalz in Halle zu Gast. Wir freuen uns weiterhin sehr, dass wir diesen vielstimmigen und klangvollen Text, der sich der Harmonie zwischen Mensch und Natur, der Verbundenheit zwischen den Völkern und dem Austausch zwischen der sichtbaren und unsichtbaren Welt widmet, bei Kopf & Kragen veröffentlicht haben und sprechen an dieser Stelle abermals eine dringende Leseempfehlung aus, denn das Buch ist weiterhin brandaktuell.
Winter: Und du weißt, das wird passieren, wenn wir uns organisieren
Was ohnehin klar war, ist im Winter 2024 noch klarer geworden: Wir unterstützen nun offiziell das Aktionsbündnis Verlage gegen Rechts – inhaltlich sowieso und künftig auch mit man- / womanpower. Schließt euch uns an! Für eine solidarische und antifaschistische Verlagskultur (und Welt). Das Aktionsbündnis ist übrigens auf Spenden angewiesen, also wer etwas übrig hat, kann es hier sinnvoll investieren.
Außerdem sind wir nun Mitglied im Netzwerk freie Literaturszene Berlin e.V. und vorerst für ein Jahr Mitglied im Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Warum? Das erfahrt ihr hier. Ferner supporten wir nun auch die Kampagne Literaturstadt Berlin.
2025: Wir haben nichts zu verlieren, außer unserer Angst
Bei der Vergabe der Verlagspreise sind wir 2024 leider wieder leer ausgegangen (warum auch immer). Wir hoffen natürlich, dass sich das im Jahr 2025 endlich ändern wird oder was noch viel besser wäre: wenn eine strukturelle Verlagsförderung für alle (mit Ausnahme der so called "rechten Verlage") kommen würde. Warum das wichtig ist und was das konkret bedeutet, erfahrt ihr u. a. beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels und in einem Statement der Kurt-Wolff-Stiftung.
Fakt ist: Wir werden es im kommenden Jahr zunächst etwas langsamer angehen lassen, im Sinne des Slow Publishings unsere bisherigen Bücher, Siebdrucke und Décollagen bewerben und uns vermehrt um unsere eigene Text- und Kunstproduktion kümmern. Ein paar Kopf & Kragen-Events stehen aber trotzdem schon fest:
Am 13.02.2024 liest Lukas Meisner in der Buchhandlung Buchbox in der Kastanienalle in Berlin aus seiner jüngst erschienenen Novelle Wrackmente. Tickets gibt es hier.
Und vom 27.03.2025 bis zum 30.03.2025 sind wir erstmal mit einem eigenen Stand auf der Leipziger Buchmesse vertreten. Unsere vier Quadratmeter große Kopf & Kragen-Galaxie findet ihr irgendwo in den Weiten des Halle 5-Univsersums. Nähere Details zu den dann stattfindenden Lesungen folgen in Kürze.
Außerdem werden wir in den nächsten Monaten in und um Berlin auf einigen Literaturfestivals und Independent-Buchmessen vertreten sein. Weitere Details folgen demnächst. Und natürlich denken wir auch über neue Veröffentlichungen nach. Aber wie gewohnt: alles zu seiner Zeit.
Wir wünschen euch allen einen schönen Jahresausklang!
Wie immer herzlichst Kopf & Kragen
PS Hier die Songtitel zu den in diesem Beitrag verwendeten Zitaten:
Überschrift: Wenn die Nacht am tiefsten ist - Ton Steine Scherben
Zwischenüberschrift 1: Der Sommer kommt - Ton Steine Scherben
Zwischenüberschrift 2: Herbst - Rio Reiser
Zwischenüberschrift 3: Allein machen sie dich ein - Ton Steine Scherben
Zwischenüberschrift 4: Der Traum ist aus - Ton Steine Scherben
((Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am nächsten) )
Dieser Satz drückt die Raffinesse des Schriftstellers aus, weil der Autor den Seelen anderer Optimismus und Hoffnung einflößt.
Akzeptieren Sie meinen Respekt und meine Wertschätzung